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Es ist eine Geschichte. Eine Geschichte über eine Liebe, eine Geschichte über die Welt, in der es sie
gab. Denn die lebenslange Liebe zwischen Hannah Arendt und Martin Heidegger - zwischen zwei
bedeutenden Theoretikern des 20. Jahrhunderts, deren Denkwelten sich so sehr beeinflussten, wie
sie sich widersprachen – diese Liebe gab es. Sie fand statt. Weil sie von beiden erlebt und geglaubt
wurde, errang sie sich ihre Existenzberechtigung abseits aller gesellschaftlicher und politischer
Verhältnisse, die sie verunmöglichten, aber auch abseits der unterschiedlichen philosophischen
Diskurse in Heideggers stetiger Frage nach dem Sein und Arendts unbeugsamer Frage nach der
Freiheit.
Savyon Liebrechts Theaterstück, das im Titel auf Arendts Schrift von 1963 „Eichmann in Jerusalem.
Ein Bericht von der Banalität des Bösen“ anspielt, schafft zwei Ebenen. Die Gegenwartsebene folgt
einer fiktiven Begegnung zwischen der 69jährigen Hannah Arendt in New York und einem israelischen
Studenten, der sie interviewt. Im Laufe der Befragung entfaltet sich nicht nur seine fanatische,
in diesen Jahren durchaus gängige Kritik an Arendts politischer Haltung, sondern auch seine
persönliche Leidensgeschichte, aufgrund derer er glaubt sie des Verrats verurteilen zu können. In
dieser für ihren konsequenten Kampf um verantwortliches Handeln des Individuums gleichsam
symbolisch stehenden Gegenwart, verteidigt sich Arendt beinahe mühelos.
Die Erinnerungsebene stellt die komplexere Wirklichkeit einer lebenslangen Liebe dar: Der Beginn
der Beziehung zwischen der 18jährigen, jüdischen Studentin Hannah Arendt und dem 35jährigen
Philosophieprofessor Martin Heidegger 1924 in Marburg. Die Trennung, die aufgrund der Ohnmacht
der Liebenden, aber auch der philosophischen Emanzipation der Studentin geschieht, und sich 1933
zum dramatischen politisch-ideologischen Abbruch erhöht, als Arendt aus Deutschland fliehen muss
und Heidegger NSDAP-Mitglied und Rektor Deutschlands erster „Führeruniversität“ in Freiburg wird.
Der Versuch der Wiederbelebung der Beziehung ab 1950, in allen Widersprüchen einer trotz Verrat
und Entfremdung noch existierenden Liebe, in aller Fragilität der Suche nach dem Verstehen der
starken Aktivistin Arendt, in aller Verbitterung des Beharrens des gefallenen, großen Existentialisten
Heidegger.
An der Figur des Studenten erschließt sich etwas, was an anderen auch ist. Es ist die Position des
Normalen, der Vorurteile, des Misstrauens, die den Schmerzensraum einer unzulänglichen
Rationalität, einer Ratlosigkeit umfasst, die den zur Zeit der Handlung herrschenden Meinungen
innewohnt. Hannah Arendts Verweilen in den Erinnerungen indessen, schreibt sich ein in den Raum
zwischen dem Moment der Liebe, das eigentliches Leben in der Welt ermöglicht (Heidegger) und
der Schwierigkeit, die Welt zu lieben, in der wir als Liebende sind (Arendt).
Regisseur Michael Gruner sucht die Brüche entlang dieser Geschichte im Inhaltlichen wie im
Formalen zu ergründen. Diese Liebe war wirklich. Zwei Menschen, denen es um die Bewahrung der
wahren Liebe und des wahren Denkens ging, denen der Glaube an Werte und das Vermögen, sie
umzuwerfen, gegeben war. Warum vermochten sie der Liebe keine Realität zu geben? Sind sie tatsächlich
an den Verhältnissen gescheitert? Ganz abgesehen von allem, das möglicherweise in der
Welt gegen eine solche Liebe stehen mag, ist es jedoch vielleicht das Individuum selbst, das die
Bereitschaft dazu nicht hat. Das Substanzlose des Bösen, des Banalen, des Zur-Liebe-Nicht-Fähigen
wäre demnach in allen Gegenwarten verortet.
Aber vielleicht ist in allem Trostlosen der Trost, dass es Liebe doch geben kann…
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WohinTippHQ 49 mins ago