Moderation: Mag. Gert Polster - Leiter des Landesmuseums
19:30 Uhr: Filmpräsentation „In der Stille der Nacht“ (13 min)
Von Erich Peter Steiner
In der Stille der Nacht handelt von einer jüdischen Familie, die den Freitod wählt, um der drohenden Deportation zu entgehen. Der Film wird aus der Sicht der Kinder erzählt, die ahnungslos sind, nur spüren, dass die Erwachsenen etwas vor ihnen geheim halten.
Der Ausgangspunkt für das Drehbuch war die von Peter Wagner inszenierte Aufführung des Theaterstücks von Clemens Berger „Und Jetzt“. Dort wird die Geschichte eines Veterinärmediziners aus Oberwart erzählt, der in der Silvesternacht 1938 seinen Sohn und sich erschossen haben soll. Obwohl mittlerweile angezweifelt werden muss, dass der Arzt tatsächlich Jude war – wobei er allerdings in der Erinnerung der Oberwarter Bevölkerung als solcher identifiziert wird -, beschäftigte die Wucht dieser Entscheidung den jungen burgenländischen Regisseur Erich Peter Steiner: Er begann, sich in das bis dato unbekannte Thema des „erzwungenen Freitodes“ (Anna Fischer) einzulesen. Aufgrund der Ereignisse in Ungarn, Frankreich, Norwegen, usw. hat er sich dazu entschieden, die am Ende des Films in die Wohnungen eindringenden Soldaten nicht zu zeigen, sondern nur hörbar zu machen.
20:00 Uhr: Präsentation der beiden Bücher über jüdische Vergangenheit in Oberwart und Mattersburg
Lesung: Ursula Mindler und Gertraut Tometich
Diskussionsleitung: Mag. Gert Polster (Direktor des Burgenländischen Landesmuseums)
Ursula Mindler
Die jüdische Gemeinde von Oberwart / Felsöör
edition lex liszt 12, ISBN: 978-3-99016-057-2, € 18,-
Wissenschaftlich fundiert, aber in einer leicht verständlichen Sprache, bringt die Historikerin Ursula Mindler die Geschichte der jüngsten jüdischen Gemeinde des heutigen Burgenlandes einer breiteren Öffentlichkeit näher. Sie zeichnet das jüdische Leben des Ortes nach – von den ersten Ansiedlungen von Juden und Jüdinnen in Oberwart / Felsöör bis zur gewaltsamen Auflösung der Israelitischen Kultusgemeinde nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1938. Im Mittelpunkt stehen jedoch nicht die NS-Zeit und die Vernichtung jüdischen Lebens in der Shoah, sondern die spezifisch jüdische Geschichte bis 1938, die Entwicklung der jüdischen Gemeinde in einem nichtjüdischen Umfeld, die Infrastruktur, das Alltags- und Berufsleben von Juden und Jüdinnen im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert und die Frage nach dem Miteinander in einem multikonfessionellen Ort, das 1938 ein jähes Ende erfuhr. Abschließend wird auch die Zeit nach 1945 und der Umgang des Ortes mit seiner jüdischen Vergangenheit thematisiert.
Gertraud Tometich
Als im Burgenland noch das Schofarhorn ertönte – Die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Mattersburg und Umgebung
Edition Marlit, ISBN 978-3-902-93102-3, € 25,-
Die Pädagogin Gertraud Tometich hat die jüdische Gemeinde von Mattersburg äußerst differenziert erforscht. Sie beschreibt die Geschichte der jüdischen Gesellschaft des Ortes und auch der umliegenden Dörfer des Bezirks von der ersten Ansiedlung im 16. Jhdt. über deren gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung bis zur Vertreibung im Jahr 1938.
Sie veranschaulicht ihre Dokumentation mit sehr umfangreichem historischen Bildmaterial, das beeindruckt und bewegt.
In Gesprächen und Aufzeichnungen lässt sie Zeitzeugen zu Wort kommen, die Erlebnisse innerhalb der jüdischen Gemeinschaft, das Mit- oder Nebeneinander von Juden und Christen, die Vertreibung und die Flucht beschreiben und auch das Leben im Exil oder den Tod von Familienmitgliedern durch das NS-Regime.
Ihre Recherche führte sie auch nach Jerusalem zum in Mattersburg geborenen Rabbiner Akiva Ehrenfeld. Vater Samuel Ehrenfeld war Rabbiner von Mattersburg und Oberrabbiner des Burgenlandes. Nach der Vertreibung 1938 und Flucht über New York gründete er in den 60er Jahren das Kiryat Mattersdorf in Jerusalem.
Eintritt frei
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WohinTippHQ 1 hour ago