Hermann Beil über „für und mit ernst“
Im Anfang war das Wort – diese lapidare Botschaft aus dem Evangelium nach Johannes wird von Ernst Jandl schon im ersten Wort seines Zitats voll lautmalerischem Hintersinn in Frage gestellt. Die biblische Verkündigung mündet in der totalen Laut- und Wortverdrehung. Und so bekommt Christian Muthspiels vielstimmiges Jandl-Solo „für und mit ernst“ eine weitere Bedeutung, weil dieses Solo, das ja doch ein Muthspiel- Solo ist, auch „aus Ernst“ besteht und zugleich wider den tierischen Ernst ansingt und „voll Ernst“ Jandls „Donner der Sprache“ in luziden Klang verwandelt.
Die Musik öffent und schäft das Ohr für das Wort. Das Wort wiederum erweckt die Musik. Wort und Musik sind kein Gegensatz. Für den, der Hören kann, gibt es keine Rangfolge, denn Jandls Stimme ist ja selbst Instrument; ein Instrument sui generis, auf das druchaus die Zeilen eines Jandl – Gedichts zutreffen: in der Tiefe freut man sich an einem schön geführten, warm und voll klingenden organ. Ich würde eine solge Geige erwerben.
Christian Muthspiel hat Jandls „Geige“ mit traumwandlerischer Leichtigkeit ergriffen und musiziert damit auf ideale Weise. In diesem Musizieren bewahrheitet sich, voll Anmut und Witz, was Ernst Jandl (1925 – 2000) in einem seiner „Letzten Gedichte“, die erst nach seinem Tod veröffentlicht worden sind, schreibt: die Ohren sehen wie Augen hören – die Augen hören wie Ohren sehen
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WohinTippHQ 1 hour ago