Friedrich Zawrel wächst in den Dreissigerjahren des letzten Jahrhunderts in Wien unter schwierigsten Umständen auf. Der Vater ist Alkoholiker, die Mutter kann die Familie unmöglich allein ernähren. Friedrich kommt in ein Heim, dann zu einer Pflegefamilie. Nach mehreren Fluchtversuchen landet er schliesslich in der Krankenanstalt Am Spiegelgrund, der zweitgrössten „Kinderfachabteilung” des Deutschen Reiches, in der kranke, behinderte und vermeintlich erblich belastete Kinder und Jugendliche behandelt und rund 800 Euthanasiemorde an Kindern begangen wurden. Der Anstaltsarzt Dr. Gross stuft Zawrel in einem Gutachten als „erbbiologisch und sozial minderwertig” ein und foltert und quält ihn mit „medizinischen” Versuchen. Friedrich Zawrel kann mit Hilfe einer Krankenschwester aus der Anstalt fliehen. Viele Jahre später will es das Schicksal, dass sich der Folterer und sein Opfer noch einmal begegnen. Friedrich Zawrel, dem die Republik Österreich eine Ausbildung verwehrte, hat sich als Kleinkrimineller über Wasser gehalten.
Dr. Heinrich Gross ist inzwischen eine allgemein anerkannte Persönlichkeit. Seine medizinischen Forschungen an den Gehirnen der ermordeten Kinder haben ihm zahlreiche Auszeichnungen eingebracht. Mittlerweile ist er Mitglied der SPÖ und erhält das Bundesverdienstkreuz für Wissenschaft und Kunst. Ausserdem ist er der einflussreichste Gerichtsgutachter der Republik. Als er für Zawrel ein Gerichtsgutachten wegen eines Überfalls schreiben soll, zitiert er sich selbst mit den Worten „erbbiologisch und sozial minderwertig” und sorgt damit dafür, dass Zawrel für viele Jahre in die Justizanstalt Stein gesperrt wird. Erst im Jahre 2000 kommt es zu einem Gerichtsverfahren, das aber wegen einer angeblichen Demenz von Dr. Gross eingestellt wird. Gross kann sich an nichts mehr erinnern. Zawrel hingegen verarbeitet seine Erlebnisse bis heute. Seine Erinnerungen und Erzählungen sind ein Zeitdokument von unschätzbarem Wert. Seine Vorträge in Schulen im ganzen Land haben tausende Schüler schockiert und gerührt. Und sie waren und sind Grundlage für zahlreiche Publikationen, Dokumentationen und Filme.
Das Figurentheaterstück „F. Zawrel – erbbiologisch und sozial minderwertig” entstand in enger Zusammenarbeit mit Zawrel selbst. Die Gespräche, die er mit Puppenspieler Nikolaus Habjan und Regisseur Simon Meusburger geführt hat, dienten als Grundlage für das Projekt. Habjan schlüpft nicht nur in die Rolle von Zawrel, sondern auch in die des Arztes Gross und durchlebt in einzelnen Etappen diesen aussergewöhnlichen Lebensweg. So entsteht ein Stück erlebbare Geschichte, die bis in die Gegenwart reicht.
Buch: Nikolaus Habjan und Simon Meusburger
Regie: Simon Meusburger
Puppendesign: Nikolaus Habjan
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WohinTippHQ 50 mins ago