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„FACES OF AFRICA“ - Fotografien von Mario Marino
Marino suchte nach archaischen Riten, kulturellen Ursprüngen und inter-ethnischen Codierungen, die sich im Süden Äthiopiens in einer einzigartigen Vielfalt erhalten haben. Ethnologen orten das Gebiet als „Wiege der Menschheit“ und fühlen sich durch den 2003 gemachten Fund von drei 160.000 Jahre alten Menschenschädeln in ihrer Recherche bestätigt. Das hat die Tourismus-Branche hellhörig gemacht und Reiseveranstalter vermarkten die Gegend inzwischen als „lebendiges Museum“. Billigkleidung, Plastikmüll und Alkoholmissbrauch breiten sich aus und es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch diese noch intakten Kulturen der Vergangenheit angehören. Marino nahm diese existenziellen Veränderungen als Impuls und entwickelte ein Afrika-Projekt, das sich in drei Werkgruppen über mehrere Jahre mit Ethnien aus Äthiopien, Kenia und Tansania beschäftigt. Im Flusstal des Omo, dem ersten Abschnitt seines ambitionierten Vorhabens, suchte er sieben Volksgruppen auf, wählte seine Protagonisten auf Straßen und Märkten aus und stellte sie in ihrem alltäglichen Habitus vor die Kamera. Individualität und ethnische Verwurzelung waren seine Auswahlkriterien, doch vor allem, so sagt er, faszinierte ihn der unverbrauchte und von den Medien noch unberührte Blick, den ihm die Menschen entgegen brachten. Die Fotos entstanden unter improvisierten, Jahrmarktsbuden-zauberähnlichen Produktionsbedingungen. Oft sah sich Marino umringt von einer neugierigen, erregt gestikulierenden Menschentraube, sodass er die Linie zwischen seinem Objektiv und der zu porträtierenden Person nur mühsam frei halten konnte. Die Galerie Brockstedt präsentieren siebenundvierzig Schwarz-Weiß-Porträts in unterschiedlichen Formaten und drei farbige Prints. Es sind Abbilder von Menschen mit weiß getünchten Gesichtsmasken und wellenförmigen Körperbemalungen, floralen, filigranen Haargestecken, breiten Perlen- und Muschelketten und beeindruckenden Schmucknarben und Brandings. Marino hat furchteinflößende Mursi-Krieger fotografiert, die, mit einem blau karierten Wickeltuch bekleidet, stolz, skeptisch und erhaben in die Kamera blicken und ihre Lanze und Kalaschnikow wie eine Trophäe der Unbesiegbarkeit in den Händen halten. Er hat ein Mädchen getroffen, das eine Blumenvase auf dem Kopf balanciert, um so nach Stammestradition seine Reife zu demonstrieren, und ist den sehnig-trainierten Jägern vom Stamm der Tsimaw begegnet, die ihre Tieropfer bis zur Erschöpfung hetzen und für das Foto selbstbewusst ihre Narben zur Schau stellen. Die Fotoarbeiten bezwingen durch ihre zeitlose Schönheit und Eleganz.
Marinos Bilder katalogisieren nicht, sie sind keine ethnologischen Studien. Er verfängt sich nicht im Kritisch-Dokumentarischen, im Aufzeigen von Globalisierungsschäden und kulturellem Verfall. Er löst seine Protagonisten aus ihrem sozialen Kontext und begegnet ihnen auf Augenhöhe. Er will die kulturellen Wurzeln der Menschen erspüren, und ein – wie er es benennt – „fotografisches Psychogramm“ herstellen. Dafür verlangt er von seinem Gegenüber Intensität und ist gewandt genug, seinen gnadenlosen Perfektionsanspruch hinter einer jungenhaft-lässigen Haltung zu verbergen. Vielleicht liegt hier das Geheimnis und die Magie seiner Arbeiten verborgen; denn man rätselt, wie er den Einwohnern des Omotals diese betörenden, eindringlichen, unausweichlichen Blicke entlocken konnte.
Die Bilder der Ausstellung „Faces of Africa“ wurden bereits in Amsterdam, Berlin, Brüssel, Dubai, Gent, London, München, Salzburg, and im Afrika Museum in Nijmegen (Holland) gezeigt.
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WohinTippHQ 2 hours ago