Der Heißsporn und selbsternannte „honnête homme“ Alceste vertritt seine Meinung mit Nachdruck: Man muss unter allen Umständen die Wahrheit sagen. Doch das gesellschaftliche Parkett ist glatt, und jede aufrichtige Äußerung gleicht einem Tritt ins Minenfeld.
Nicht zufällig wählte Molière für seine 1666 uraufgeführte Komödie Le Misanthrope den Untertitel L’Atrabilaire amoureux – Der verliebte Melancholiker. Denn wie die meisten Protagonisten des französischen Dramatikers, der die Rolle anlässlich der Uraufführung auch selbst spielte, ist Alceste eine gespaltene und damit überaus moderne Figur. Ein Verliebter – doch weit entfernt von den Rhetoriken der Liebe gegenüber der von ihm verehrten jungen Witwe Célimène. Ein Idealist – und gerade deshalb kein Freund seiner Mitmenschen oder gar der Gesellschaft und ihrer Regeln: „Wer nicht die Gabe hat, seine Gedanken zu verstecken, hat hierzulande sehr wenig zu suchen.“ Das wird deutlich, als ihm der selbstverliebt-verliebte Oronte dessen Sonett Die Hoffnung vorträgt, um damit Alcestes Wertschätzung und Freundschaft zu gewinnen. Die Folgen aus Alcestes nur allzu harscher Kritik am Text: Feindschaft und Gerichtsverhandlung. Philinte, Alcestes ständig um Vermittlung bemühter Freund, drängt ihn, sich den neuen Zeiten anzupassen und „nicht als Weltverbesserer die Welt zu hassen“. Doch Alceste lehnt dies konsequent ab, verstrickt sich im Laufe der Ereignisse in immer mehr Konflikte und ist zuletzt der „Menschenflüchtling“, für den einzig die Einsamkeit noch lebbar scheint.
Der junge österreichische Regisseur Felix Hafner, der zuletzt mit seiner Inszenierung der österreichischen Erstaufführung von Thomas Köcks Stück Isabelle H. (geopfert wird immer) im Volx/Margareten für Aufmerksamkeit sorgte, wirft einen frischen Blick auf den Komödienklassiker.
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WohinTippHQ 2 hours ago