Diese Veranstaltung ist schon vorbei

Wann:

Di 25. Apr 2017, 19:30

Wo: Hallein Stadttheater/Stadtkino, Kuffergasse 2, Hallein, Tennengau

Altersbeschränkung: Alle Altersklassen

Eingetragen von: Oeticket

Friedrich Zawrel wächst in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts in Wien unter schwierigsten Umständen auf. Der Vater ist Alkoholiker, die Mutter kann die Familie, die bald als nicht mehr förderungswürdig eingestuft wurde, unmöglich alleine ernähren.„Wenn ich heute Bilder aus der dritten Welt seh, dann erinnert mich vieles an meine ersten Kinderjahre in Kaisermühlen. Wennst 10 Groschen ghabt hast, da warst ein Kaiser. Wann mei Mutter an Schilling ghabt hat, da ham sich sieben Leut’ satt essen kenna.“Nach der Delogierung der Familie kommt Friedrich Zawrel zum ersten Mal in ein Heim. Nach mehreren Fluchten von seiner Pflegefamilie landet er schließlich in der Krankenanstalt Am Spiegelgrund, der zweitgrößten „Kinderfachabteilung“ des Deutschen Reiches, in der kranke, behinderte und vermeintlich erblich belastete Kinder und Jugendliche behandelt wurden und etwa 700 bis 800 Euthanasiemorde an Kindern stattgefunden haben. Der Anstaltsarzt Dr. Gross stuft Zawrel in einem Gutachten als „erbbiologisch und sozial minderwertig“ ein und foltert und quält ihn mit zahlreichen „medizinischen“ Versuchen.Friedirch Zawrel kann mithilfe einer Krankenschwester aus der Anstalt fliehen. Viele Jahre später will es das Schicksal, dass sich der Folterer und sein Opfer noch einmal begegnen. Friedrich Zawrel, dem von der Republik Österreich eine Ausbildung verwehrt wird, hat sich als Kleinkrimineller über Wasser gehalten. Dr. Heinrich Gross ist inzwischen eine anerkannte Persönlichkeit in Österreich. Seine medizinischen Forschungen an den Kindergehirnen der ermordeten Kinder aus der ehemaligen Nazieinrichtung, haben ihm zahlreiche Auszeichnungen eingebracht. Mittlerweile ist er Parteimitglied der SPÖ und erhält das Bundesverdienstkreuz für Wissenschaft und Kunst. Außerdem ist er der einflussreichste Gerichtsgutachter der Republik. In dieser Funktion sitzt er nun seinem ehemaligen Opfer Friedrich Zawrel gegenüber.„Für einen Akademiker ham Sie aber ein schlechtes Gedächtnis“, antwortet Zawrel, als Gross ihn nicht erkennt. Als er für Zawrel dann das Gerichtsgutachten wegen eines Überfalls schreiben soll, zitiert er sich mit den Worten „erbbiologisch und sozial minderwertig“ selbst und sorgt damit dafür, dass Zawrel für viele Jahre in die Justizanstalt Stein gesperrt wird. Erst im Jahre 2000 kommt es nach vielen Bemühungen Zawrels zu einem Gerichtsverfahren, das aber wegen einer angeblichen Demenz von Gross eingestellt wird. Er kann sich an nichts mehr erinnern.Zawrel hingegen verarbeitet seine Erlebnisse bis heute. Seine Erinnerungen und Erzählungen sind ein Zeitdokument von unschätzbarem Wert. Seine Vorträge in Schulen im ganzen Land haben tausende Schüler schockiert und gerührt. Und sie waren und sind Grundlage für zahlreiche Publikationen, Dokumentationen und Filme.Das Figurentheaterstück „F.Zawrel – Erbbiologisch und sozial minderwertig“ entstand in enger Zusammenarbeit mit Zawrel selbst. Seine sehr persönlichen Gespräche, die er mit Puppenspieler Nikolaus Habjan und Regisseur Simon Meusburger geführt hat, dienten als Grundlage für dieses Projekt. Habjan schlüpft in dieser neuen Produktion nicht nur in die Rolle von Zawrel, sondern auch in die des Arztes Gross und durchlebt in einzelnen Stationen diese außergewöhnliche Geschichte. Ein Stück erlebbare Zeitgeschichte, die bis in die Gegenwart reicht.Trotz der schweren Lebensumstände hat Friedrich Zawrel nie Rache gesucht, sondern war immer auf der Suche nach Verständnis. Wenn er erneut Kontakt zu seinem Folterer Heinrich Gross gesucht hat, so nicht um ihm Vorwürfe zu machen, sondern um ihn zu fragen: Warum?Die Produktion erhielt den Nestroypreis 2012 in der Kategorie Beste Off-Produktion und den Schweizer Kulturpreis „Grünschnabel“ 2014!Buch: Nikolaus Habjan und Simon MeusburgerRegie: Simon MeusburgerPuppenbau: Nikolaus HabjanKostüm: Lisa ZingerlePhotos: Barbara PálffyDauer: 120 Minuten ohne Pause