„90°“ Tina Haase (D), Gerold Tagwerker (A) und Franz Türtscher (A)
13. März bis 25. April 2020 in der Galerie allerArt Bludenz
Vernissage: 12. März 2020, 20.00 Uhr
Mittels 90° wird das Kunstwerk in Form gebracht.
Der „rechte Winkel“ (lat. rectus = aufrecht) ist ein taugliches Gestaltungsprinzip seit „urdenklichen" Zeiten - weder anachronistisch noch bräsig traditionell. Von der Euklidischen Geometrie (Postulat 5), vom Koordinatensystem über Formenkanons der Renaissance, des Klassizismus bis hin in die jüngere Kunstgeschichte mit Konstruktivismus, Suprematismus und die nachhaltig entwickelte Bauhaus Kunstschulgrammatik erweist sich der rechte Winkel als fixe Gestaltungskonstante. Die radikale Minimal Art und die Stiltendenz des Neo Geo der letzten 90er Jahre bedienten sich an diesem verlässlichen Modus. Wir finden es im zwei- und dreidimensionalen Schaffen vornehmlich bei Künstlern und Architekten. Diese weit ausgreifendenden Anwendungen bestimmen sogar die theosophischen Ordnungsentwürfe für den gesamten Kosmos bei Piet Mondrian.
Das Kunstwerk mittels rechtem Winkel geplant und gefertigt, verspricht Achsenrichtung, Stabilität, Harmonie, Intelligenz im kreativen Tun. Trockener Geist mutiert zum ästhetischen
Ereignis. Diese Kunst pendelt zwischen wissendem Sehen und lustvollem Wahrnehmungskomfort - beides legitimiert sich. „90°“ Formulierungen strahlen unterschiedlich, öfters eiswarm. Diese Erfahrungen begründen sich im künstlerischen Umgang mit klassischen Mitteln der Malerei, mit festen Stoffen der Plastik oder Produkten vom Bau- oder Büromarkt. Die Künstler werden auch hier zurückgeworfen auf ihr persönlich kluges und raffiniertes Gebrauchen der passend gewählten Materialien.
Die Absicht dieser thematischen Ausstellung „90°“ war es, einen markanten Buchstaben des
bildnerischen Alphabets der Kunstsprache herauszubrechen und dieses Unternehmen an drei
Kunstschaffenden zu demonstrieren.
Tina Haase verwendet mit Vorliebe Büroartikel und verbaut diese seriell zu ironisch hintergründigen Objekten, Assemblagen und Reliefs. Sie bündelt, klebt, stapelt, verkeilt, organisiert, verknüpft, bindet, verdreht, tackert...spielt rhythmisch ihre Bauhauspartitur.
Ihre Arbeit in der Galerie allerArt definiert eine geschlossene Wandfläche, wobei die geordneten Büroartikelreihen sich zum Wahrnehmungswechsel zur Malerei verschieben.
Das Relief wird aus dem Bild genommen.
Franz Türtscher verschreibt sich sehr diszipliniert dem Einsatz geometrisch gesetzter Farbflächen unterm Diktat des rechten Winkels. Gesetzmäßigkeit, Flächenrapporte und charmante Farbcluster ergeben ein taktvolles, visuelles Lesewerk.
In den geometrisch exakt verzahnten und verschraubten Objekten von Gerold Tagwerker verstecken sich Analogien zu prominenten Kunstpionieren der Moderne (russische Avandgarde- Tatlin, De Stijl - P.Mondrian...) Diese streng entschiedenen Kunstobjekte verraten eine kluge Doppelbödigkeit in klar konturierter Bildhauersprache – also weder Retroschweiß noch Minimalismus-Sentimentalität verdächtig.
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WohinTippHQ 2 hours ago