Die Vorarlberger Geburtskultur im 20. Jahrhundert

Vorarlberger Landesarchiv
Vortrag Daniela Sojer: Vorarlberger Geburtskultur
im 20. Jahrhundert als Schlüssel sozialgeschichtlicher Regionalforschung

Die historische Erforschung von Geburtskulturen ist
für die Sozialgeschichte besonders aufschlussreich.
Geburten und die sie begleitenden Praktiken und
Strukturen sind nicht nur für das Verständnis von
Einzelbiografien und Familiengeschichte zentrale
Ereignisse und oft entscheidende Wendepunkte.
Geburten machen auch das komplexe Zusammenspiel
unterschiedlicher Institutionen, gesellschaftlicher
Rollen und öffentlicher und privater Akteurinnen
und Akteure sichtbar. Die Vorarlberger Geburtskultur
des 20. Jahrhunderts kann mit Blick auf zeitgleiche
Entbindungspraktiken in anderen mitteleuropäischen
Regionen als außergewöhnliches Beispiel angesehen
werden. Anhand der durchwachsenen Entwicklung
der insgesamt mindestens 23 Entbindungsheime lässt
sich eine Kartographie der geosozialen Strukturen
rekonstruieren, die jenseits Fragen der medizinischen
Versorgung informative Einblicke in die „Geschichte
von unten“ erlaubt.
Dr. Daniela Sojer arbeitet als Turnusärztin am
Landeskrankenhaus Hohenems. Sie studierte
Humanmedizin und Geschichtswissenschaften in
Innsbruck. In ihrer medizinhistorischen Diplomarbeit
rekonstruierte sie die Entstehung, Entwicklung und
Schließung von 23 Vorarlberger Entbindungsheimen
von 1901 bis 2001. Über ihre Forschungsergebnisse
zur Eigenart der jüngeren Geburtsgeschichte im
Ländle referierte Daniela Sojer auf internationalen
medizinhistorischen Kongressen.