Eine meisterhafte Analyse des gnadenlosen Willens zur Macht und eine zeitlose Darstellung eines übergrossen «Ich».
Seit fast 30 Jahren toben die Rosenkriege zwischen zwei Linien des englischen Königshauses um die legitime Herrschaft. Tausende sind inzwischen in dem blutigen Bürgerkrieg umgekommen, der das politische Geschehen zu einem unbarmherzigen Kampf aller gegen alle hat verkommen lassen. Das gesamte gesellschaftliche Leben, die Kultur und Ethik, das Ringen um Wahrheit, Zukunft und Aufrichtigkeit sind in dem Gemetzel untergegangen. Übrig bleiben narzisstische Egozentriker und erfolgreiche Populisten.
Richard, Herzog von Gloster, hat, als hässliche Missgeburt gezeichnet, nichts zu verlieren und agiert entschlossener und skrupelloser als seine Konkurrenten. Um Nachfolger des Königs Edward zu werden, lässt er seinen eigenen Bruder ermorden und alle weiteren politischen Konkurrenten ausschalten. Er verführt Lady Anne, deren Vater und Ehemann er auf dem Gewissen hat, und schreckt nicht davor zurück, die legitimen noch minderjährigen Thronerben in den Tower zu werfen, wo sie schliesslich umkommen. Er erschafft ein System der Angst, in dem die, die ihn heute noch hofieren, morgen die nächsten Todeskandidaten sein können. Und jede Untat, die er vollbringt, verlangt zur Sicherung seiner Position weitere Verbrechen.
«Richard III.», eines der frühesten Stücke Shakespeares, uraufgeführt um 1593, hat bis heute nichts von seiner Faszination verloren. Der Dramatiker beschreibt anschaulich das Muster der moralischen Zerstörung einer Gesellschaft, in der sich über Generationen alles nur um Macht, Demütigung und Gewalt drehte. Inmitten einer Machtelite, die jegliches ethische Handeln dem Machtwillen geopfert hat, ist die «Missgeburt» Richard der Intelligenteste und Zielstrebigste. Seine Verführungskraft liegt gerade in der hemmungslosen Amoralität, die er oft direkt ans Publikum gewandt zur Schau stellt und reflektiert. Richard ist beredt, charmant, beliebt bei Kindern und selbst bei Frauen, deren Männer er meuchelte. Doch je höher Richard auf seinem Weg zur Macht steigt, desto unsicherer wird er, er beginnt Fehler zu machen – ganz so als verliere der Egomane mit dem Erreichen seines Ziels jeglichen Antrieb.
CHF 45.00 / 40.00 / 10.00
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Kommentare
WohinTippHQ 58 mins ago