Nachtgestalten: Aus dem Dunkel herausgelesen

Nachts sind eben nicht alle Katzen grau, ebenso wenig alle Fledermäuse schwarz. Beim neuen literarisch-musikalischen Spaziergang der SeeLese bekommen die unterschiedlichsten Nachtgestalten Farbe und – dank betörender Gesangsbegleitung – auch Klang. Ausgehend von der Wasserschlossruine Degelstein durchläuft man ein Wechselbad der Gefühle, wie es sich nächtens entfaltet.

Der Literaturkabarettist Manfred Menzel wird bei dieser Veranstaltung erstmals von der Tübinger Kontraaltsängerin Eleonore Hochmuth begleitet. Als Schöpferin der Reihe „Chansons & Biografisches“ ist sie unter anderem auf der Leipziger und der Frankfurter Buchmesse regelmäßig zu Gast. Ob Hochmuth „Fremde in der Nacht besingt“, mit Hildegard Knef bittet: „Lass mich bei dir sein!“ oder „Gute Nacht, Freunde“ wünscht, ihre Interpretation von Liedern der Nacht führt dem Publikum alle Schattierungen des Dunkels vor Augen.

Als Reich des Bösen gebären die lichtlosen Stunden Gestalten wie Mr. Hyde und Dracula, der andererseits eine unwiderstehliche erotische Ausstrahlung hat. Die Nacht ist eben auch Schutzmantel und Phantasiespielwiese der Liebenden, was zu aufschlussreichen erotischen Träumen eines Bodensee-Großdichters führt. Überhaupt wird darüber zu reden und zu lesen sein, wie Träume uns fliegen, aber auch abstürzen lassen. Ob es da hilft, den Tag in die Nacht hinein zu verlängern, mittels exzessiver Partys oder gar Arbeit?

Die Nachtgestalter Menzel und Hochmuth geben manche Antwort, lassen aber passenderweise noch mehr im Ungewissen. So erlebt man beim Wandeln den Wandel von Sinneseindrücken, Stimmungslagen und Bedeutungen zwischen Sonnenunter- und -aufgang intensiv mit. Manchmal schön schaurig, immer lebendig, niemals zum Gähnen.