In ihrer Einzelausstellung
entwickelt Chantal Kaufmann multimediale, textuelle Collagen und seziert ihren liebsten Untersuchungsgegenstand: Die Sprache. Durch ihr Zerlegen und Aufbrechen materialisieren sich aus ihren Überresten das Unverhoffte und der Subtext zwischen den Zeilen auf der Leinwand, im Video oder im Objekt. Um den logozentrischen Käfig der Sprache zu sprengen, in den wir uns mit der Befähigung zum Sprechen ab dem frühen Kindesalter begeben (müssen), kreieren die Arbeiten ein genüssliches Chaos aus Zeichen, Symbolen und Unförmigkeiten.
In „omw! (On my way!)“ kombiniert Chantal Kaufmann ihre Videos „Imagine Language (Day_00, Day_03, Day_01)“ (2022) mit neuen Werken. In der Drei-Kanal-Videoarbeit lenkt sie den Blick auf die Grenzen der Sprache als Ausdrucksmittel. Buchstaben, die Symbole, aus denen Sprache zusammengesetzt wird, entlarven sich als mangelbehaftete Zeichen. Worte werden zögerlich getippt und gelöscht, wo die Buchstaben sich nicht in Stellung bringen lassen wollen. Sie verlagern sich in die Untertitel, bis sie schließlich ganz verschwinden und der Schnitt und somit der Rhythmus das Sprechen übernimmt.
Als wären sie aus dem Video gefallen, liegen gebogene und gespannte Blechbuchstaben am Boden. Die skulpturale Serie „A L S O“ (2025) veranschaulicht den Gedanken zur Anbindung der Sprache an eine materielle Realität im literarischen Sinne. Die Buchstaben nehmen physisch Raum ein und lautmalerisch die Formen ihres Klangs an. Die verstreuten Skulpturen erinnern an die aus Kindermündern ausgestoßenen Laute, die noch ohne eindeutige Bedeutung durch den Raum wabern. Sie wiederholen sich visuell in einer neuen, 20-teiligen Fotoserie: Von den Wänden lachen junge Fans einer amerikanischen Boyband. Es sind Stills aus einem Musikvideo, aufgenommen während eines Live-Konzerts. Das klassische Fotoformat der Arbeit verweist auf die serielle und industrielle Verbreitung medialer Bilder.
Der in den 1960er-Jahren geprägte Begriff der Intertextualität gewinnt in der heutigen, breit gefächerten Medienlandschaft neue Relevanz – insbesondere vor dem Hintergrund digitaler Kulturen und Formate wie Memes. Jene greifen auf bekannte Bilder und Motive zurück, deuten sie um und laden sie mit neuen Bedeutungen auf. So zeigen sie exemplarisch, wie durch Wiederholung und Variation subversive Lesarten entstehen können. Diese Dynamik, die in digitalen Räumen allgegenwärtig ist, spiegelt sich in den Arbeiten von Chantal Kaufmann wider: Durch die Wiederverwertung und Abstraktion von Alltagsbildern eröffnen sich neue Horizonte der Wahrnehmung.
Diese Praxis findet sich sie auch in ihrer Malerei. Großformatige Siebdrucke zeigen Fotos mit Motiven von alltäglichen Gegenständen. Sie wurden durch unzählige Durchläufe der technischen Reproduktion abstrahiert, mit geometrischen Mustern und Spuren der Arbeit in der Druckwerkstatt übersät und schlussendlich mit deutlich malerischem Gestus drangsaliert. Wiederverwertung und unendliche Iterationen desselben Fragments bilden den treibenden Grundrhythmus eines fortlaufenden Takts, mit dem die Künstlerin operiert. Chantal Kaufmann bewegt sich somit im Spannungsfeld zwischen einer lustvollen Ästhetik, befreit von eindeutigen Bedeutungen, Inhalten und Codes, sowie dem unauflösbaren Widerspruch – dass die Kunst selbst qua Definition ein aufgeladenes Vehikel der Repräsentation ist.
Chantal Kaufmann (*1984, Luzern, Schweiz) lebt und arbeitet in Zürich und Wien. Sie studierte Bildende Kunst an der Zürcher Hochschule der Künste (2012–2015) und Critical Studies an der Akademie der bildenden Künste Wien (2017–2022). Zu ihren jüngsten Einzelausstellungen gehören: Kunstraum Memphis, Linz (2024) Kunstverein Gartenhaus, Wien (2024); Milieu, Bern (2023); Galerie Kirchgasse, Steckborn (2023) und Oxford, Berlin (2022).
Laufzeit: 17.05. – 26.07.2025
Eröffnung: 16.05.2025, 19 Uhr
Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz
Do 15. Mai 18:00
Jugend- und Bildungshaus St. Arbogast, Götzis
Do 22. Mai 18:30 – Mehr Termine
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Kommentare
WohinTippHQ 56 mins ago